• Auch bei klar zielgerichteten Lebensvollzügen können An reize nicht nur in den angestrebten Ergebnisfolgen, sondern auch im Vollzug der Tätigkeit liegen. Dabei können die An reize von Tätigkeiten und ihren Ergebnisfolgen das gleiche Vorzeichen haben (z. B. attraktive Tätigkeiten führen zu erwünschten Folgen), sie können aber auch verschiedene Vorzeichen haben (aversive Tätigkeiten führen zu erwünschten Folgen und umgekehrt). Besonders bei homogenen Vor zeichen werden die Eigenanreize des Tätigkeitsvollzugs leicht übersehen. Man glaubt dann irrtümlich, allein der angestrebten Folgen wegen zu handeln. Als weitere Schwierigkeit kommt hinzu, dass die hier häufig verwandten Begriffe »intrinsisch« und »extrinsisch« unterschiedlich gebraucht werden.
• Es gab von Anfang an ein Begriffsverständnis von »intrinsischer vs. extrinsischer Motivation«, das sich am Geschehensablauf einer Tätigkeit orientiert. Dabei wurde der Begriff »intrinsisch« auf Aktivitäten angewandt, die ihren Anreiz nicht in erster Linie aus den erwarteten Ergebnisfolgen, sondern aus dem Tätigkeitsvollzug beziehen. Abgesehen von Pionieren wie Bühler (1922), Groos (1899) oder Woodworth (1918) findet sich dieses Verständnis z. B. bei Harlow (1950), Hunt (1965), Koch (1956), McReynolds (1971), Pekrun (1993) oder Schiefele und Köller (2001). Daneben finden sich Autoren, die zwar auch tätigkeitsbezogene Motivation untersuchen, aber z. T. andere Begriffe verwenden wie autotelische Motivation (z. B. Csikszentmihalyi, 1999 oder Klinger, 1971) oder tätigkeitszentrierte (vs. zweckzentrierte) Motivation (Rheinberg, 1989, 1993). Je nachdem, ob der Anreizschwerpunkt mehr auf dem Gegenstand der Tätigkeit oder mehr auf der spezifischen Ausführungskomponente liegt, kann die tätigkeitsbezogene »intrinsische Motivation« mehr von Interesse oder mehr von tätigkeitsspezifischen Vollzugsanreizen getragen sein (ein anderes Verständnis von Interesse Abschn. 14.2.4).
• Bei Deci und Ryan (1980, 1985) finden wir die Strategie, im Vorhinein zwei Bedürfnissysteme (Selbstbestimmung und Kompetenzerleben) festzulegen, über die dann intrinsische Motivation zu bestimmen sei. In der letzten Theorievariante führen Annahmen zu Entwicklungsstadien der extrinsischen Motivation dazu, dass man »höhere« Formen der extrinsischen nur noch schwer von der intrinsischen Motivation abgrenzen kann. Beide werden als selbstbestimmt erlebt. Gleichwohl hat dieses Konzept einer Selbstbestimmungstheorie insbesondere im erziehungswissenschaftlichen Bereich eine gewisse Popularität erlangt (vgl. Krapp, 1999; zur Kritik vgl. Schiefele, 1996). Möglicherweise sorgen dort wertbesetzte Begriffe wie »Selbstbestimmung« oder auch die Annahme von angeborenen positiven Kräften zur Selbstintegration von sozial vermittelten Normen für eine gewisse Akzeptanzbereitschaft bei Lesern, die gerne etwas glauben, das ein positives Menschenbild stützt.
• Bei den Versuchen, »intrinsisch« über Interesse zu definieren, werden verschiedene Wege beschritten. Zum einen wird der Begriff Interesse als intrinsische Motivation gleichbedeutend mit einer (positiven) tätigkeitszentrierten Motivation benutzt (Sansone & Smith, 2000). Schiefele und Köller (2001) schränken dies ein auf Tätigkeitsvollzüge, bei denen der Anreiz vornehmlich im Gegenstand liegt. Krapp (1999) schließlich folgt der Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan (1985). Für ihn ist eine Lernaktivität dann intrinsisch motiviert, wenn die Interaktion mit dem Interessensgegenstand als selbstbestimmt erlebt wird. Dabei kann diese Lernaktivität durchaus zweckzentriert sein, also auch auf Ergebnisse und Folgen außerhalb des unmittelbaren Tätigkeitsvollzugs zielen.
• In der Literatur findet sich ein weiteres Verständnis von intrinsischer vs. extrinsischer Motivation, bei dem es darauf ankommt, ob die Handlung und ihre angestrebten Ergebnisfolgen thematisch zum selben Inhaltsbereich (z. B. Lernen, Hilfeleistung, Machtausübung) gehören oder nicht. Im 1. Fall wird die Motivation als intrinsisch, im 2. Fall als extrinsisch bezeichnet. Diese Begriffsbestimmung wurde insbesondere von Heckhausen (1989) und Kruglanski (1989) vorgenommen.
• Im Fall von Lernmotivation trifft man auf eine weitere Unterscheidung von intrinsisch vs. extrinsisch: Hierbei wird eine Lernzielorientierung (d. h. Kompetenzen zu erwerben) als »intrinsische«, eine Performanzzielorientierung (d. h. Kompetenzen zu demonstrieren) als »extrinsische Lernmotivation « bezeichnet. Bei dieser Unterscheidung handelt es sich um einen Sonderfall des Kriteriums der Gleichthematik (Abschn. 14.2.5).
• Insgesamt betrachtet können auch die Modellrevisionen die Probleme nicht vollends lösen, die sich in der Standardversion der ESM daraus ergeben, dass der Flow-Zustand allein über die Balance zwischen Fähigkeit und Anforderungen bestimmt wird. Es gibt allerdings einen speziellen Effekt, der auf den ersten Blick das Quadranten-Modell zu bestätigen scheint.
• Motivationspsychologen sind daran gewöhnt, Anregung und Ausrichtung von Verhalten über den Anreiz eines angestrebten Ziels zu verstehen. Gleichwohl ist es unabweislich, dass es daneben auch Anreize gibt, die im Vollzug der Tätigkeit selbst liegen. Eine Motivation, bei der der Anreiz in der Tätigkeit selbst und nicht in ihren ergebnisabhängigen Folgen liegt, wird häufig mit intrinsisch bezeichnet und einer extrinsischen Motivation gegenübergestellt. Bei genauerem Hinsehen werden aber unterschiedliche Verständnisse von intrinsisch vs. extrinsisch erkennbar. Neben dem gerade angesprochenen Verständnis von intrinsisch als »in der Tätigkeit«, wird der Begriff auch auf eine Motivation bezogen, die sich aus den Bedürfnissen nach Selbstbestimmung und Kompetenz herleitet oder wird auch mit Interesse und Involviertheit gleichgesetzt. Eine andere Begriffsbestimmung hebt auf die Gleichthematik von Mittel und Zweck ab, was im Bereich der Lernmotivation dann auf die Unterscheidung von Lernziel- vs. Performanzzielorientierung bezogen wird. Ob eine, wie auch immer definierte, intrinsische Motivation durch extrinsische Belohnungen beeinträchtigt wird, ist nach den aktuellen Metaanalysen noch nicht gänzlich geklärt und hängt von vielen besonderen Bedingungen ab. In diesem Kapitel hält der Autor den Gebrauch dieses Begriffspaars für so verwirrend, dass er empfiehlt, statt seiner die jeweils gemeinten Phänomene unter jeweils eigenen Bezeichnungen präzise anzusprechen. Dies wurde für den Fall von intrinsisch als »in der Tätigkeit« mit der Analyse von Tätigkeitsanreizen demonstriert. Solche Tätigkeitsanreize lassen sich im Erweiterten kognitiven Motivationsmodell von Heckhausen (1977b) und seiner erneuten Erweiterung durch Rheinberg (1989) verankern. Die Qualität von Zur Wiederholung Tätigkeitsanreizen lässt sich auf verschiedenen Abstraktionsebenen untersuchen und beschreiben. Besonders fruchtbar ist dabei die Methode, Anreizqualitäten möglichst verrichtungsnah während der laufenden Aktivität zu erfassen (Erlebens-Stichproben- Methode, ESM). Zwei von vielen Tätigkeitsanreizen wurden genauer behandelt, nämlich der leistungsmotivationale Tätigkeitsanreiz und das Flow-Erleben. Insbesondere die Flow-Forschung mit der ESM hat das Potenzial zu substanziellem Erkenntnisgewinn. Allerdings finden sich hier gelegentlich erhebungsmethodische Probleme. Des öfteren wird eine einzige Flow-Komponente, nämlich die Balance von Fähigkeit und Anforderung, einfach mit Flow gleichgesetzt, obwohl es gerade für diese Bedingung theoretischen wie empirischen Grund für die Annahme individueller Reaktionsunterschiede gibt. Mit verbesserten Erhebungsverfahren ließen sich aber interessante Befunde zum Expertise- Effekt des Flows und zur Korrumpierungsresistenz flow-vermittelnder Aktivitäten finden. Detaillierte Analysen zeigen, dass Flow-Erleben leistungsförderlich sein kann, was natürlich die umgekehrte Wirkung (hohes Leistungsniveau fördert Flow; s.o. Expertise-Effekt) nicht ausschließt. Aus der laufenden Forschung wurde die Flow-Hypothese zur motivationalen Kompetenz behandelt. Danach sollte Flow-Erleben bei solchen Personen häufiger auftreten, bei denen implizite Motive und motivationale Selbstbilder in Übereinstimmung sind. Bei solchen Personen ist die Wahrscheinlichkeit nämlich größer, dass sie bei freier Zielwahl sich für solche Aktivitäten entscheiden, deren Vollzug durch die impliziten Motive gestützt wird. Erste Befunde geben Anlass, diese Hypothese weiter zu verfolgen.

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