David G. Myers

Inhalt

  • 17.1 Behandlung psychischer Störungen
  • 17.2 Psychotherapien
    • 17.2.1 Psychoanalyse und psychodynamische Therapie
    • 17.2.2 Humanistische Therapien
    • 17.2.3 Verhaltenstherapie
    • 17.2.4 Kognitive Therapien
    • 17.2.5 Gruppen- und Familientherapien
  • 17.3 Therapieevaluation
    • 17.3.1 Ist Psychotherapie effektiv?
    • 17.3.2 Die relative Wirksamkeit verschiedener Psychotherapien
    • 17.3.3 Evaluation alternativer Therapien
    • 17.3.4 Gemeinsamkeiten verschiedener Therapieformen
    • 17.3.5 Kultur, Geschlecht und Wertvorstellungen in der Psychotherapie
  • 17.4 Biomedizinische Therapien
    • 17.4.1 Medikamentöse Therapien
    • 17.4.2 Stimulation des Gehirns
    • 17.4.3 Psychochirurgie
    • 17.4.4 Therapeutische Änderung des Lebensstils
  • 17.5 Prävention psychischer Störungen
  • 17.6 Kapitelrückblick
    • 17.6.1 Verständnisfragen
    • 17.6.2 Schlüsselbegriffe
    • 17.6.3 Weiterführende deutsche Literatur

 

Zusammenfassung

 

Psychotherapien

Psychotherapie ist eine emotionsgeladene, vertrauensvolle Interaktion zwischen einem ausgebildeten Therapeuten und einen Menschen mit psychischen Problemen. Die biomedizinischen Therapien beinhalten Medikamente und medizinische Verfahren, die direkt auf das Nervensystem des Patienten einwirken. Ein eklektischer Ansatz der Psychotherapie verwendet Techniken verschiedener Therapieformen; eine integrativ orientierte Psychotherapie versucht, eine Auswahl verschiedenartiger Techniken in ein einziges in sich konsistentes System zusammenzuführen.

Die Psychoanalyse ist die von Sigmund Freud entwickelte therapeutische Vorgehensweise. Freud nahm an, dass die freien Assoziationen des Patienten, sein Widerstand, seine Träume und Übertragungen sowie deren Deutung durch den Therapeuten dazu genutzt werden können, zuvor verdrängte Gefühle freizusetzen und neue Einsichten zu gewinnen. Therapeuten mit psychoanalytischer Ausrichtung helfen Menschen, Einsicht in die unbewussten Ursprünge ihrer Störung zu erlangen, die damit verbundenen Gefühle zu bearbeiten und Verantwortung für ihr eigenes Wachstum zu übernehmen.

Die Methoden der Psychoanalyse und Kritikpunkte gegenüber dieser Therapieform: Psychoanalytiker bitten Patienten möglicherweise, frei zu assoziieren (das auszusprechen, was ihnen in den Sinn kommt), und beobachten die Pausen oder Ablenkungsmanöver, die auf einen Widerstand (die abwehrende Blockierung, die verhindert, dass ihnen angstbesetztes Material bewusst wird) hindeuten. Analytiker können den Patienten ihre Deutungen für Beispiele von Widerstand, Träumen und anderen Verhaltensweisen anbieten, wie etwa Übertragung (man überträgt auf den Therapeuten Gefühle, die man am stärksten gegenüber einem Mitglied der Familie oder einer wichtigen anderen Person empfindet). Kritiker merken an, dass die Psychoanalyse auf nachträglichen Deutungen und verdrängten Erinnerungen aufbaut, dass die Therapie lange dauert und die damit verbundenen Kosten hoch sind.

Die psychodynamische (oder tiefenpsychologisch fundierte) Therapie ist von der psychoanalytischen Theorie beeinflusst; sie ist jedoch kürzer und weniger kostspielig. Ein psychodynamisch orientierter Therapeut versucht, die momentanen Konflikte und Abwehrmechanismen zu fokussieren und auf den Begriff zu bringen, indem er sich Themen sucht, die vielen früheren und gegenwärtigen wichtigen Beziehungen gemeinsam sind, einschließlich der (aber nicht begrenzt auf ) Kindheitserfahrungen und der Interaktionen mit dem Therapeuten. Die interpersonale Therapie (eine Kurzform der psychodynamischen Therapie mit 12-16 Sitzungen) konzentriert sich vorwiegend darauf, die momentanen Symptome zu lindern (wie etwa eine Depression) und weniger auf eine intensive Deutung der Ursprünge unbewusster Konflikte.

Die humanistischen Therapeuten fokussieren die gegenwärtigen und künftigen Erfahrungen der Klienten, eher die bewussten als die unbewussten Gedanken und die Übernahme von Verantwortung für die eigenen Gefühle und Handlungen. Eine der bekanntesten humanistischen Therapien ist die klientenzentrierte Gesprächstherapie nach Carl Rogers. Rogers vertrat die Auffassung, dass der wichtigste Beitrag des Therapeuten darin besteht, durch aktives Zuhören als psychologischer Spiegel für den Klienten zu dienen und ein Setting der bedingungsfreien Wertschätzung zu bieten, das durch Echtheit, Akzeptieren und Empathie gekennzeichnet ist. In einem wachstumsfördernden Setting würde bei den Klienten, so Rogers, das Verständnis für das eigene Selbst und das Akzeptieren der eigenen Person verbessert.

Um den Menschen zu helfen, die gegenwärtigen Konflikte und Probleme zu lindern, versuchen die traditionellen psychoanalytischen Therapeuten, die Ursprünge des Verhaltens zu erklären, und die humanistischen Therapeuten, das Akzeptieren der eigenen Person und das Verständnis für das eigene Selbst zu fördern. Verhaltenstherapeuten nehmen an, dass die problematischen Verhaltensweisen das eigentliche Problem sind, und sie versuchen, sie durch neues Lernen zu verändern.

Bei der Gegenkonditionierung werden klassische Konditionierungstechniken eingesetzt, um neue Reaktionen mit alten Reizen zu koppeln, die fehlangepasstes Verhalten ausgelöst haben. Bei Expositionstherapien (einschließlich der systematischen Desensibilisierung und der Expositionstherapie mit Hilfe virtueller Realität) wird Menschen beigebracht, sich zu entspannen (eine Reaktion, die nicht gleichzeitig mit Angst auftreten kann) und sich dann allmählich, aber wiederholt den Dingen auszusetzen, vor denen sie Angst haben und die sie meiden. Expositionstherapien versuchen, eine negative Reaktion (Angst) durch eine positive (Entspannung) zu ersetzen. Bei der Aversionskonditionierung setzt man Techniken der Gegenkonditionierung ein, um einen unangenehmen Zustand mit einem unerwünschten Verhalten zu koppeln. Dabei versucht man, eine positive Reaktion (Vergnügen) auf einen schädlichen Reiz (Alkohol) durch eine negative (z. B. Übelkeit) zu ersetzen.

Therapien, die mit operanter Konditionierung arbeiten, beruhen auf dem Prinzip, dass willkürliche Verhaltensweisen in starkem Maße durch ihre Konsequenzen beeinflusst werden. Bei Verfahren der Verhaltensmodifikation bekräftigt man daher erwünschte Verhaltensweisen und bestraft unerwünschte Verhaltensweisen bzw. verstärkt diese nicht. Therapeuten bauen manchmal Tokensysteme auf, bei denen Menschen symbolische Geldstücke (Tokens) dafür bekommen, dass sie ein erwünschtes Verhalten zeigen. Diese Tokens können später für ein Vorrecht oder für Süßigkeiten eingelöst werden.

Kritiker halten der Verhaltensmodifikation entgegen,

  • dass diese Verhaltensweisen in der Praxis ausbleiben können, wenn die Tokens nicht mehr vergeben werden, und
  • dass es ethisch nicht vertretbar ist, das Verhalten anderer Menschen zu steuern.

Die Befürworter führen dagegen wiederum die folgenden Argumente an:

  • Soziale oder intrinsische Belohnungen können die Tokens ersetzen und weiterhin verstärkend wirken;
  • Es ist gerechtfertigt, gut angepasstes Verhalten zu verstärken, weil Belohnungen und Bestrafungen - mit oder ohne Verhaltensmodifikation - das Verhalten der Menschen immer steuern werden.

 

Die kognitive Therapie versucht, Menschen beizubringen, realitätsangemessener zu denken; dies beruht auf der Annahme, dass Gedanken als intervenierende Variable zwischen einem Ereignis und unseren emotionalen Reaktionen auf das Ereignis wirken. Bei der kognitiven Verhaltenstherapie versucht man, Menschen beizubringen, realitätsangemessener zu denken, aber auch ihre neue Art zu denken im Alltag einzuüben. Bei der kognitiven Depressionstherapie von Aron Beck versuchen die Therapeuten, selbsterniedrigende Gedanken der Patienten dadurch zu verändern, dass diese lernen, sich selbst neu und positiv zu sehen. Beim Stressimpfungstraining, einer anderen Form der kognitiven Therapie lernen depressive Menschen mit einer Depression, ihre negativen Gedanken in Frage zu stellen und ihr Denken in Stresssituationen neu zu strukturieren. Sie arbeiten auch daran, den Attributionsstil nichtdepressiver Menschen bei sich aufzubauen (sich gute Ereignisse als Verdienst anzurechnen statt die Schuld für schlechte Ereignisse zu übernehmen bzw. diese zu übergeneralisieren).

Gruppentherapie und Familientherapie: In Gruppen, die normalerweise aus 6-9 Personen bestehen, können die Therapeuten weniger auf jedes einzelne Gruppenmitglied eingehen, aber in der durchschnittlich 90 Minuten dauernden Sitzung kann mehr Menschen geholfen werden als in der Einzeltherapie, und sie kostet auch weniger. Es kann für die Klienten von Vorteil sein, andere Menschen kennenzulernen, die ähnliche Probleme haben wie sie, sowie Rückmeldung zu bekommen und Bestätigung zu finden. Die meisten Therapieformen können auf ein Gruppensetting angepasst werden. Die Familientherapie sieht die Familie als ein interaktives System und versucht den Familienmitgliedern dabei zu helfen, die Rollen zu entdecken, die sie spielen, und zu lernen, offener und direkter zu kommunizieren. Millionen von Menschen schließen sich Selbsthilfegruppen und Unterstützungsorganisationen wie den Anonymen Alkoholikern an. 

 

Therapieevaluation

Klienten schätzen die Psychotherapie aus 3 Gründen als wirksam ein:

  1. Sie kommen gewöhnlich während einer Krise in die Therapie,
  2. sie müssen der Überzeugung sein, dass der Zeitaufwand und die Kosten gerechtfertigt waren, und
  3. sie versuchen etwas Positives zu finden, wenn man sie bittet, ihren Therapeuten zu bewerten. In der Forschung wurden die Einschätzungen des Therapieerfolgs durch die Klienten nicht unbedingt bestätigt.

 

Klienten kommen in die Therapie, wenn sie unglücklich sind, beenden sie, wenn sie weniger unglücklich sind, und bleiben nur in Kontakt mit dem Therapeuten, wenn sie mit der Behandlung zufrieden sind. Deshalb kennen Kliniker meist die Fehler anderer Therapeuten, jedoch nicht ihre eigenen. Sowohl der Placeboeffekt (die Überzeugung, dass eine Behandlung wirksam sein wird) als auch die Regression zur Mitte (die Tendenz extremer oder ungewöhnlicher Werte auf den Mittelwert zurückzufallen) tragen etwas zu den Fehlwahrnehmungen der Klienten und Kliniker in Bezug auf die Wirksamkeit der Therapie bei.

Bei Wirksamkeitsstudien handelt es sich um randomisierte klinische Versuche, bei denen Personen auf einer Warteliste entweder eine Therapie bekommen oder nicht. Die statistische Integration (Metaanalysen) Hunderter dieser Studien zeigt, dass

  1. auch nicht behandelte Menschen eine Besserung ihres Zustands erleben, dass aber
  2. die Wahrscheinlichkeit für eine Besserung bei behandelten Patienten höher ist, dass
  3. Menschen, die eine psychologische Behandlung bekommen, später weniger Zeit und Geld für eine medizinische Behandlung aufwenden müssen, verglichen mit entsprechenden Personen auf der Warteliste.

 

Metaanalysen zeigen, dass es keine bestimmte Art von Therapie gibt, die insgesamt am wirksamsten ist; auch gibt es keinen Zusammenhang zwischen Wirksamkeit einerseits und Ausbildung des Therapeuten, seiner Erfahrung, seiner Supervision und der Anerkennung seiner Ausbildung andererseits. Einige Therapien sind besonders gut geeignet für bestimmte Störungen, wie etwa kognitive, interpersonale und Verhaltenstherapie für eine Depression, kognitive, Expositions- und Stressimpfungstherapie für Angst, kognitive Verhaltenstherapie für Bulimie, Verhaltensmodifikation für Bettnässen und Therapien der Verhaltenskonditionierung für Phobien, Zwangsstörungen und sexuelle Störungen. Je spezifischer die Probleme, desto größer sind die Chancen für eine wirksame Behandlung. Es wird weiter diskutiert über das Ausmaß, in dem die klinische Praxis auf wissenschaftlichen Befunden oder auf intuitiven Reaktionen beruhen sollte.

Bei der EMDR-Therapie versucht der Therapeut, zuvor eingefrorene traumatische Erinnerungen aufzulösen und neu zu verarbeiten, indem er einen Finger vor den Augen einer Person, die sich traumatische Szenen vorstellt, hin und her bewegt. Die EMDR scheint tatsächlich bei vielen wirksam zu sein, man kann sich jedoch die Erfolge dieser Therapie nicht recht erklären. Möglicherweise sind hier andere Variablen am Werk (Fingerklopfen oder ein fixierter Blick erwiesen sich als ebenso wirksam). Bei Menschen, die eine affektive Störung mit saisonalem Muster haben, eine Form der Depression, die mit Zeiten schwächerer Sonneneinstrahlung in Verbindung gebracht wird, hat sich in wissenschaftlichen Untersuchungen die Lichtexpositionstherapie (Lichtexposition zu bestimmten Zeiten am Tag, bei der das Tageslicht im Freien nachgebildet wird) als wirksam erwiesen.

Alle Formen der Psychotherapie bieten offenbar neue Hoffung für hoffnungslose Menschen, eine unverbrauchte Perspektive und eine von Empathie, Vertrauen und Fürsorge geprägte Beziehung. Das therapeutische Bündnis - ein emotionales Band zwischen Therapeut und Klient - ist eine wichtige Komponente einer wirksamen Therapie und kann zur Erklärung dessen beitragen, dass einige Laienhelfer möglicherweise ebenso hilfreich sind wie professionelle Psychotherapeuten.

Psychotherapeuten unterscheiden sich in Bezug auf persönliche Überzeugungen, Wertvorstellungen und kulturellen Hintergrund voneinander und auch von ihren Klienten. Derartige Unterschiede können einen Einfluss haben auf die Ausbildung der Beziehung zwischen Therapeut und Klient. Menschen, die auf der Suche nach einem Therapeuten sind, sollten zuvor Beratungsgespräche mit 2 oder 3 Therapeuten führen, um Informationen über die Wertvorstellungen, die Ausbildung und das Honorar zu bekommen und jemanden zu finden, bei dem sie sich wohlfühlen. 

 

Biomedizinische Therapien

Die Psychopharmakologie ist die Wissenschaft von den Wirkungen der Medikamente auf psychische Prozesse und das Verhalten. Seit den 1950er Jahren wurde die medikamentöse Therapie ausführlich dazu genutzt, psychische Störungen zu behandeln. Doppelblindstudien, bei denen weder der Mediziner noch der Patient weiß, ob der Patient ein echtes Medikament nimmt oder ein Placebo, vermeiden den systematischen Fehler, der bei Klinikern und Patienten zu Erwartungen in Bezug auf Besserung führen kann.

Neuroleptika dämpfen die Reaktionsbereitschaft auf irrelevante Reize, und sie wurden zur wirkungsvollen Behandlung bei Schizophrenien eingesetzt, die mit positiven Symptomen einhergehen (das Vorhandensein von Halluzinationen und Wahnvorstellungen). Die Dosis ist von Person zu Person unterschiedlich. Die Neuroleptika der ersten Generation, die die D2-Dopaminrezeptoren blockieren, können ein dystones Syndrom hervorrufen (unwillkürliche Bewegungen der Gesichtsmuskulatur, der Zunge sowie der Arme und Beine). Die Neuroleptika der zweiten Generation, die auf die D1-Dopaminrezeptoren gerichtet sind, können einen Einfluss auf den Stoffwechsel haben und so das Risiko für Adipositas und Diabetes vergrößern.

Die Medikamente gegen Angst hemmen die Aktivität des Zentralnervensystems. Zur Behandlung von Angststörungen werden sie oft in Kombination mit Psychotherapie eingesetzt. Medikamente gegen Angst können psychisch und körperlich abhängig machen.

Antidepressiva vergrößern die Verfügbarkeit von Noradrenalin und Serotonin, die die Erregung vergrößern und die Stimmung aufhellen. Antidepressiva wie Fluctin, die die Wiederaufnahme von Serotonin hemmen, werden als selektive Serotoninwiederaufnahme-Hemmer (engl. selective-serotonin-reuptake-inhibitors oder SSRI) bezeichnet. Doppelt wirkende Antidepressiva hemmen die Wiederaufnahme oder Absorption sowohl von Noradrenalin als auch von Serotonin; doch bei ihnen besteht ein größeres Risiko von Nebenwirkungen. Antidepressiva werden bei der Behandlung von Depressionen (oft in Kombination mit kognitiver Therapie) und von Angststörungen eingesetzt. Antidepressiva haben fast sofort einen Einfluss auf die Neurotransmittersysteme, doch ihre vollständige psychische Wirkung entfaltet sich vielleicht erst Wochen danach. Die Suizidraten derjenigen, die diese Medikamente nehmen, sind eventuell überschätzt worden.

Stimmungsstabilisierende Medikamente: Manche Substanzen wie beispielsweise Lithium bei bipolaren Störungen haben sich als sehr wirksam zur Stabilisierung von Stimmungen erwiesen. Die Forscher wissen noch nicht genau, wie diese Medikamente wirken.

Die Elektrokrampftherapie ist eine biomedizinische Therapie, bei der elektrische Stromstöße kurz durch das Gehirn eines anästhesierten Patienten geschickt werden. Zwar ist das Verfahren nicht unumstritten, doch bleibt es das letzte Mittel für viele Patienten mit schweren Depressionen, die nicht auf eine Medikation ansprechen (es ist unwirksam bei der Behandlung anderer Störungen). Wie das Verfahren wirkt, ist unbekannt. Depressionen wurden auch durch implantierte Geräte abgemildert, die Teile des Gehirns oder den Vagusnerv stimulieren, der Signale ans limbische System aussendet. Nach ersten Berichten über eine erfolgreiche Behandlung werden gerade große klinische Testreihen durchgeführt, bei denen die wiederholte transkranielle Magnetstimulation (»repetitive transcranial magnetic stimulation oder rTMS) erforscht wird. Bei diesem schmerzfreien Verfahren stimulieren oder dämpfen Pulswellen magnetischer Energie, die durch die Schädeldecke auf die Oberfläche des Kortex ausgesandt werden, die Aktivität in unterschiedlichen Bereichen des Gehirns.

Psychochirurgische Verfahren: Bei der Lobotomie handelte es sich um ein wenig elegantes Verfahren, bei dem man mit Hilfe chirurgischer Instrumente, die durch die Augenhöhlen eines Patienten eingeführt wurden, die zu den Frontallappen des Gehirns laufenden Nervenverbindungen durchtrennte. Die Absicht dahinter bestand darin, unkontrollierbar emotionale und gewalttätige Patienten zu beruhigen, doch stattdessen schuf man Lethargie und eine impulsive Persönlichkeit. Diese Art chirurgischer Vorgehensweisen kam seit den 1950er Jahren nicht mehr zum Einsatz, als ihre schädlichen Auswirkungen bekannt und neue wirksame medikamentöse Behandlungsmethoden eingeführt wurden. Heute führen Neurochirurgen nur noch in sehr seltenen Ausnahmefällen hirnchirurgische Operationen bei psychischen Störungen durch. Selbst wenn die MRT-gestützte Chirurgie bei außergewöhnlichen, lebensbedrohlichen Zuständen in Betracht gezogen wird, ist diese Behandlung das letzte Mittel, weil ihre Auswirkungen unumkehrbar sind.

 

Prävention psychischer Störungen

Die Befürworter einer präventiven Gesundheitsfürsorge führen als Argument an, dass viele psychische Störungen verhindert werden könnten. Ihr Ziel ist es, bedrückende Lebensbedingungen, die das Selbstwertgefühl zerstören, umzuwandeln in freundliche und entwicklungsfördernde Lebensbedingungen, die das Wachstum jedes Menschen positiv beeinflussen und sein Selbstvertrauen stärken.

Zurück zur Übersicht