Kapitel 5 - Beispiel: Eine phänomenologische Studie über Eifersucht

Margrit Schreier

 

Darren Langdridge und seine Koautor*innen befassten sich in ihrer phänomenologischen Studie mit dem Phänomen der Eifersucht in Liebesbeziehungen (Langdridge et al., 2012). Hervorzuheben ist, dass die Forscher*innen hier auf ihre eigenen Erfahrungen als Datenmaterial zurückgegriffen haben. Außerdem handelte es sich bei den Forscher*innen um Personen, die bewusst versuchten, Alternativen zu monogamen Beziehungen zu leben.

In einem ersten Schritt verfassten die Beteiligten individuell Erfahrungsprotokolle, in denen sie ihr Erleben von Eifersucht in verschiedenen Situationen möglichst detailliert beschrieben. In einem zweiten Schritt erfolgte die Auswertung, und zwar zunächst individuell (alle Forscher*innen lasen die Erfahrungsprotokolle der anderen) und anschließend in der Gruppe. Die Diskussionen in der Gruppe wurden ohne Diskussionsleitung so abgehalten, dass alle Beteiligten gleichberechtigt zum Gespräch beitrugen. Dabei äußerten sich die Forscher*innen zunächst einzeln zu jedem Protokoll, bevor das Protokoll in der Gruppe diskutiert wurde. Die Gruppendiskussionen wurden aufgezeichnet und dienten somit als zusätzliches Datenmaterial. Der Schwerpunkt der Auswertung lag auf der Identifikation von Themen sowie einer narrativen Struktur.

Auf dieser Grundlage erfolgte als dritter Schritt die Theoriebildung. Die Forscher*innen identifizierten drei Typen von Eifersuchtserfahrungen: tatsächliche, in denen alle Beteiligten körperlich präsent waren; virtuelle, in denen die Geschehnisse sich hauptsächlich in der Vorstellung der eifersüchtigen Person abspielten; und eine Zwischenvariante, bei der zwei Parteien körperlich anwesend waren und eine dritte im Verlauf der Ereignisse in der Vorstellung zunehmend real wurde. Alle drei Formen der Eifersuchtserfahrung wiesen eine gemeinsame narrative Struktur auf: Die Erfahrung beginnt in der Regel mit einem Gefühl der Antizipation, mit Vorstellungen des Selbst in Relation zu anderen Personen. Darauf folgt ein Wendepunkt: Eine dritte Person wird real, entweder physisch oder in der Vorstellung. Damit geht ein ausgesprochen körperliches Erleben von Eifersucht einher. Zugleich wird das eigene Selbst mit dem von anderen verglichen und in irgendeiner Weise als minderwertig erlebt.

 

Literatur

Langdridge, D., Barker, M., Reavey, P. & Stenner, P. (2012). Becoming a subject: A memory work study of the experience of romantic jealousy. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 13(2). https://doi.org/10.17169/fqs-13.2.1712.

 

 

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