Kapitel 7 - Metaphernanalyse

Margrit Schreier

 

Zwar handelt es sich bei der Metaphernanalyse nicht um ein im engeren Sinne diskursanalytisches Verfahren. Im weiteren Sinne kann die Metaphernanalyse jedoch durchaus als Verfahren der Diskursforschung eingeordnet werden, das aus einer Synthese von kognitiver Linguistik und Psychologie hervorgegangen ist (Schmitt, 2020). Als Metaphern werden dabei alle Äußerungsformen verstanden, bei denen Bedeutungsaspekte von einem Quellbereich auf einen Zielbereich übertragen werden. Bei der Metapher der ‚Flüchtlingswelle‘, wie sie 2015 im Zuge der Einreise einer hohen Anzahl von Flüchtlingen nach Europa vielfach verwendet wurde, stellt etwa das Bild einer Meereswelle aus Wasser den Quellbereich dar; der Zielbereich ist die Einreise von Menschen in europäische Länder.

Im Zuge dieser Übertragung werden einige Bedeutungsaspekte des Zielbereichs hervorgehoben, andere dagegen verdeckt, und beeinflussen dadurch unser Denken sowie unser Handeln; Schmitt spricht hier von den „kognitiven Mechanismen des highlighting and hiding“ (2020, S. 696). Im Beispiel der ‚Flüchtlingswelle‘ werden beispielsweise u.a. Merkmale einer unkontrollierbaren Naturgewalt in den Vordergrund gestellt, die den Menschen überrollt und unter sich begräbt; eine solche Meereswelle ist etwas, vor dem man sich schützen und in Sicherheit bringen sollte. Verdeckt wird dagegen beispielweise die Situation in den Ursprungsländern von flüchtenden Menschen, deren Notlage, Strapazen und ihre Hoffnungen für die Zukunft; hier wären Handlungsweisen naheliegend, Menschen in Not zu unterstützen. Ziel der Metaphernanalyse ist es, solche Prozesse des Highlighting und des Hiding sichtbar zu machen, die zugrunde liegenden Denkmuster und deren potenzielle Konsequenzen für unser Handeln herauszuarbeiten.

 

Literatur

Schmitt, R. (2020). Metaphernanalyse. In G. Mey & K. Mruck (Hrsg.), Handbuch Qualitative Forschung in der Psychologie (2. Aufl., Bd. 2, S. 691-710). Springer VS.

 

 

Zurück zur Übersicht