Kapitel 6 - Selbstbeobachtung

Margrit Schreier

 

Die Selbstbeobachtung hat in der qualitativen Forschung in Form der Introspektion eine lange Tradition. Von den Forschern der Würzburger Schule wurde beispielsweise eine Form der Introspektion entwickelt, bei der die Teilnehmer*innen möglichst genau beobachten und berichten sollten, was ihnen bei der Bearbeitung eines Problems durch den Kopf ging (s. auch Abschn. 6.4.2 zum lauten Denken). Dieser Ansatz wurde in den 1990ern in der Forschungsgruppe um Kleining wieder aufgenommen und zur dialogischen Introspektion weiterentwickelt. Die dialogische Introspektion findet in der Gruppe statt, um die Erinnerung an flüchtige Aspekte eigenen Erlebens zu erleichtern. Die Teilnehmenden erhalten zweimal Gelegenheit, ihr Erleben darzustellen, einmal bevor und einmal nachdem sie die Introspektionsberichte der anderen gehört haben. Auf Selbstbeobachtung basiert z. T. auch die Autoethnografie (s. Abschn. 5.5.3).

Auch in der quantitativen Psychologie ist die Selbstbeobachtung übrigens durchaus verbreitet (und wird unter dem Gesichtspunkt der Problematik von Selbstauskünften kritisch diskutiert): Die Erfassung von Einstellungen, Meinungen oder Häufigkeiten bestimmter Handlungen basiert auf Selbstauskünften und somit auf Selbstbeobachtung.

 

 

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