Kapitel 7 - Verfahrensspezifische Gütekriterien der qualitativen Inhaltsanalyse

Margrit Schreier

 

Neben Validität, Intersubjektivität und Reliabilität wurden für die Inhaltsanalyse auch verfahrensspezifische Kriterien formuliert, die allerdings kontrovers sind (vgl. Rustemeyer, 1992).

Dazu zählt das Kriterium der Exhaustion: Danach muss jede Textstelle auch tatsächlich einer inhaltsanalytischen Kategorie zuordenbar sein. Dies ist im Zweifelsfall durch die Einführung einer Restkategorie „Sonstiges“ gewährleistet – wobei zugleich aber auch das Kriterium der Validität erfüllt sein muss: Es sollten also nicht zu viele Materialöteile auf die Restkategorien entfallen, denn ansonsten ist das Kategoriensystem zwar erschöpfend, aber nicht valide.

Umstritten ist das Kriterium der Saturiertheit. Es besagt, dass keine Kategorie des inhaltsanalytischen Kategoriensystems „leer“ bleiben darf, dass jeder Kategorie also mindestens eine Textstelle zugeordnet sein muss. Dieses Kriterium ist allerdings nicht sinnvoll, wenn eine Hypothese überprüft werden soll – dass eine Kategorie nicht besetzt ist, kann hier gerade ein wichtiges Datum darstellen. Wenn ein Kategoriensystem induktiv erstellt wird, ist es zugleich notwendigerweise auch saturiert.

Ein letztes verfahrensspezifisches Gütekriterium ist die Disjunktheit: Jede Textstelle sollte möglichst nur einer Unterkategorie zugeordnet werden. Die Erfüllung dieses Kriteriums beeinflusst wiederum die Interratereliabilität positiv: Wenn eine Textstelle mehreren Unterkategorien gleichzeitig zugeordnet werden kann, dann senkt eine unterschiedliche Anzahl von Zuordnungen die Übereinstimmung zwischen den Kodierer*innen. Diese Fehlerquelle wird bei der Beschränkung auf eine Bedeutungskategorie ausgeschaltet. Dieses Kriterium gilt allerdings nur in Bezug auf die Unterkategorien einer Oberkategorie. Dagegen kann und soll eine Textstelle bei einem Kategoriensystem mit mehreren Oberkategorien durchaus auch für jede Oberkategorie analysiert und kodiert werden.

 

Literatur

Rustemeyer, R. (1992). Praktisch-methodische Schritte der Inhaltsanalyse. Aschendorff.

 

 

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