Hier finden Sie zusätzliche Zusammenfassungen aus dem Lehrbuch zu den einzelnen Kapiteln, jeweils auch als pdf.

 

Inhaltsübersicht

 

Kapitel 1 – Einleitung

Kapitel 2 – Die Philosophie von Risiko

Kapitel 3 – Die Psychologie des Risikos

Kapitel 4 – Ansätze zur Messung von Risikowahrnehmung und Risikoeinstellung: das Beispiel touristische Reiseabsicht während einer Pandemie

Kapitel 5 – Risikoneigung und Risikoverhalten

Kapitel 6 – Die Komplexität der Risikokommunikation

Kapitel 7 – Risikodialog – Komplexität und Unsicherheit kommunizieren

Kapitel 8 – Vertrauen – ein anwendungsorientierter und interdisziplinärer Überblick

Kapitel 9 – Vertrauen in der internen Kommunikation von Organisationen

Kapitel 10 – Vertrauen schaffen mit Unternehmenskommunikation – ein linguistisches Modell von Glaubwürdigkeit durch Textdesign

Kapitel 11 – Misstrauen. Eine interdisziplinäre Bestandsaufnahme

 

 

Kapitel 1 – Einleitung

 

Keine Zusammenfassung

 

Kapitel 2 – Die Philosophie von Risiko

 

  • Das Verständnis von Risiko setzt ein Mindestmaß an Gestaltbarkeit der Zukunft und damit Vermeidbarkeit von unerwünschten Ereignissen durch vorsorgendes Handeln voraus.

 

  • Das Konzept von Risiko beruht maßgeblich auf der Annahme, dass Risiken mentale Konstrukte sind, also Produkte des menschlichen Geistes. Dadurch beeinflussen subjektive Faktoren die Wahrnehmung der Risiken.

 

  • Die beiden konstitutiven Merkmale von Risiko sind die Unsicherheit des Eintreffens und die erwarteten Konsequenzen einer Handlung oder eines Ereignisses. Inwieweit diese Konsequenzen positiv oder negativ beurteilt werden, ist dabei eine Frage der subjektiven Bewertung.

 

  • Der Ursprung des Wortes Risiko ist nicht eindeutig geklärt. Es bestehen zwei Herleitungsstränge, die sich im Wesentlichen in der Beeinflussbarkeit der Risikolage unterscheiden. Gemäß romanischem Ursprung kann über das Risiko selbst entschieden werden und gemäß arabischem Ursprung entspricht Risiko einem vorgegebenen Schicksal, welches sich sowohl negativ als auch positiv auswirken kann.

 

  • Es gibt keine einheitliche Verwendung des Begriffs „Risiko“ in der Wissenschaft. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird der Begriff sowohl für die eigentliche Risikosituation als auch für die Ursache oder die Wirkung eines gefährlichen Ereignisses genutzt.

 

  • In der Entscheidungstheorie besteht eine klare Unterscheidung zwischen Risiko und Unsicherheit. Risiko stellt eine Situation dar, in der den entscheidenden Personen alle möglichen Ergebnisse und deren Eintrittswahrscheinlichkeiten bekannt sind. Ungewissheit hingegen bezieht sich auf eine Situation, in der diese Informationen dem Entscheidungsträger nicht zur Verfügung stehen.

 

  • Der wesentliche Unterschied zwischen Risiko und Ungewissheit liegt in der Quantifizierbarkeit der möglichen Entscheidungsergebnisse und der Wahrscheinlichkeiten ihres Eintretens.

 

  • Ein bekanntes Konzept zur Differenzierung zwischen Risiko und Unsicherheit stellt die Rumsfeld-Matrix dar mit ihren 4 Kategorien und dem jeweiligen Ausmaß an Unsicherheit in Bezug auf Auswirkung und Auftreten.

 

  • Risiken lassen sich anhand von qualitativen Merkmalen und bestimmten Mustern in Risikowahrnehmungsklassen einordnen. Diese werden in der Literatur als semantische Risikomuster bezeichnet.

 

  • Aufgrund der zunehmenden Globalisierung und weiterer technologischer Entwicklungen nimmt die Verflechtung und Komplexität von Risiken zu, sodass die Ursache-Wirkungs-Strukturen immer schwerer erfassbar werden. Daraus entsteht ein neuer Typus an Risiken, die als systemische Risiken bezeichnet werden.

 

  • Systemische Risiken zeichnen sich vor allem durch ihr globales und hoch komplexes Wirken aus. Sie sind oftmals eng mit anderen Risiken vernetzt, weshalb die Wirkungskette unüberschaubar wird und sie sich auf weiter Domänen außerhalb der eigenen Systemgrenze auswirken. Zudem folgen sie keiner klaren und vorhersehbaren Wirkungsbeziehung und häufig lassen sich keine eindeutigen Schwellenwerte definiert.

 

 

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Kapitel 3 – Die Psychologie des Risikos

 

  • Psychologische Risikowahrnehmung beschäftigt sich mit der Frage, wie – aus­gehend von den Charakteristiken einer mehr oder weniger bekannten Gefahr – bestimmte affektiv geleitete Urteils- und Entscheidungsmechanismen verlaufen. Diese Prozesse zeichnen sich oftmals durch eine heuristische (d. h. verein­fachende) Art aus. Individuelle Unterschiede haben in diesem Ansatz ins­besondere einen Einfluss auf die mit einer Risikoquelle assoziierten Be­fürchtungen und wirken sich dadurch auch auf die daraus resultierenden Urteile und Entscheidungen aus.

 

  • Das Aufkommen der Kernkraft, aber auch die abstrakte Bedrohungslage durch den Kalten Krieg in den 1960er-Jahren waren wichtige Auslöser für die For­schung zur individuellen Risikowahrnehmung.

 

  • Den konkreten Anstoß für die Entwicklung des psychometrischen Paradigmas gab die Arbeit des Ingenieurs Chauncey Starr (1969), der sich mit der Frage be­schäftigte, wie Risiken mit Nutzen über verschiedene Aktivitäten hinweg ab­gewogen werden. Dazu verwendet er den sogenannten Ansatz der offenbarten Präferenzen, um das Ausmaß an Risiko und Nutzen einzelner Aktivitäten zu be­stimmen.

 

  • Basierend auf diesem Ansatz entwickelten Fischhoff und Kollegen (1978) einen analogen psychometrischen Fragebogen, der jedoch auf dem Ansatz der ge­äußerten Präferenzen basierte.

 

  • Unter Psychometrie versteht man grundsätzlich messtheoretische Überlegungen zur Operationalisierung von psychologischen und nichtpsychologischen Variab­len. Im weitesten Sinne geht es folglich bei Psychometrie um die Beziehung zwi­schen Reizen und den dadurch hervorgerufenen Erlebnissen.

 

  • Mit der Entwicklung und Forschung zum psychometrischen Paradigma werden verschiedene Ziele verfolgt. Einerseits geht es darum, zu verstehen, welche Fak­toren für die Bewertung von Risiken zentral sind und welche Risiken wie be­wertet werden. Andererseits geht es aber auch darum, zu verstehen und zu prog­nostizieren, wie die Öffentlichkeit auf bestimmte Risiken reagiert, um in der Folge die Risikokommunikation für verschiedene Stakeholder zu verbessern.

 

  • Die Beurteilung von Risiken basiert auf zwei wichtigen Säulen, welche die eben erwähnten Unterschiede in den Risikoeinschätzungen zwischen Experten und der Öffentlichkeit zu erklären vermögen: subjektive Gefühle und objektive Ana­lysen.

 

  • Die Affektheuristik besagt, dass eine summative affektive Bewertung gleichzeitig die Wahrnehmung von Nutzen und Risiko beeinflusst. Affekt wird dabei als „guter“ oder „schlechter“ subjektiver Gefühlszustand definiert, welcher einem Stimulus eine positive oder negative Qualität zuordnet.

 

  • Die Persönlichkeitspsychologie, auch differentielle Psychologie genannt, be­schäftigt sich mit interindividuellen Unterschieden in körperlicher Erscheinung, Verhalten und Erleben. Unterschiede in der Risikoneigung hängen mit unter­schiedlichen Ausprägungen der Big-Five-Persönlichkeitsfaktoren zusammen.

 

  • Personen mit hoher Motivation für Risikobereitschaft weisen eher hohe Werte in den Big-Five-Faktoren Extraversion und Offenheit für Erfahrungen auf und haben niedrige Werte in Neurotizismus, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit.

 

  • Nicholson et al. (2005) unterscheiden Stimulationssuchende, Erfolgsorientierte und Risikoadaptierte, wobei nur der erste dieser 3 Risikotypen im weitesten Sinne als risikofreudig einzustufen ist. Außerdem sind Männer tendenziell risiko­freudiger als Frauen, wobei Männer in den Bereichen Freizeit, Gesundheit, Fi­nanzen und Sicherheit höhere Risikobereitschaft angeben, während Frauen in den Bereichen Karriere und Soziales höhere Werte erzielen.

 

  • Verträgliche und gewissenhafte Personen zeigen eher Sicherheitsverhalten am Arbeitsplatz (z. B. Sicherheitsvorschriften befolgen, Sturzgefahren proaktiv be­seitigen) als Personen mit hoher Ausprägung in Extraversion und Neurotizismus (Beus et al., 2015).

 

  • Mittels Yerkes-Dodson-Gesetz (1908) kann erklärt werden, dass Extravertierte (hohe Ausprägung des Big-Five-Faktors Extraversion) eine höhere Aktivierungs­schwelle haben als Introvertierte (niedrige Ausprägung des Big-Five-Faktors Extraversion) und daher auch eher zu Risiken neigen. Introvertierte Personen er­leben in risikoreichen Situationen daher früher eine physiologische Stressre­aktion als extravertierte Personen.

 

  • Falschinformationen („Fake News“) können sowohl an der psychometrischen Paradigmadimension „Unbekanntheit“ als auch an der „Schrecklichkeit“ an­setzen und hier zu einer ungünstigen Einschätzung beitragen.

 

 

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Kapitel 4 – Ansätze zur Messung von Risikowahrnehmung und Risikoeinstellung: das Beispiel touristische Reiseabsicht während einer Pandemie

 

  • In der Literatur zur Risikoforschung gibt es keine einheitliche Konzeptualisierung und Operationalisierung des Risikobegriffs.

 

  • In der vorherrschenden ökonomischen Entscheidungstheorie wird das Risiko bei einfachen Lotterien objektiv über bekannte Wahrscheinlichkeiten und monetäre Geldbeträge operationalisiert. Risikoeinstellungen werden ausgehend von der Erwartungsnutzentheorie über die Form der individuellen Nutzenfunktion be­stimmt.

 

  • Das psychometrische Paradigma der Risikowahrnehmung konzeptualisiert das Risiko als eine subjektive Wahrnehmungsvariable und bedient sich der Psycho­metrie zur Bestimmung der zugrunde liegenden Faktoren, die erklären können, weshalb verschiedene Bedrohungen und Gefahren hinsichtlich ihres Risikos unterschiedlich wahrgenommen werden.

 

  • Der Begriff der Psychometrie umfasst alle Theorien und statistischen Methoden zur Entwicklung psychologischer Tests und psychometrischer Skalen sowie la­tenter theoretischer Konstrukte. Dazu gehören die klassische und die probabilis­tische Testtheorie sowie multivariate Analysemethoden zur Ermittlung der Reliabilität und Validität von Messinstrumenten.

 

  • Die Domain-Specific Risk-Taking Scale ist eine empirisch validierte Skala zur Erhebung des Risikoverhaltens in unterschiedlichen Domänen (Finanzen, Gesundheit, Freizeit) sowie zur Erhebung des wahrgenommenen Nutzens aus dem risikoreichen Verhalten.

 

  • Das Health Belief Model ist eine Theorie zur Erklärung und Vorhersage des prä­ventiven Verhaltens und der Verhaltensänderung im Gesundheitsbereich. De­terminanten des präventiven Verhaltens oder einer Verhaltensänderung ist die wahrgenommene Anfälligkeit (susceptibility) für einen unerwünschten Zustand, die wahrgenommene Schwere (severity) eines unerwünschten Zustands, der wahrgenommene Nutzen (benefits) sowie die wahrgenommenen Barrieren (bar­riers) von Maßnahmen zur Vermeidung eines unerwünschten Zustands sowie die Selbstwirksamkeit (self-efficacy) zur Ausführung des präventiven Verhaltens oder der Verhaltensänderung.

 

  • Die Theorie des geplanten Verhaltens ist eine Theorie zur Erklärung des Ver­haltens in spezifischen Kontexten, bei denen Individuen deliberativ die Vor- und Nachteile sowie die positiven und negativen Konsequenzen des Verhaltens ab­wägen. Die Verhaltensintention umfasst alle motivationalen Komponenten zur Ausführung des Verhaltens und ist der Hauptprädiktor für das tatsächliche Ver­halten. Die Verhaltensintention wiederum hängt von der Einstellung zum ge­planten Verhalten, der subjektiven Norm zum geplanten Verhalten sowie von der wahrgenommenen Verhaltenskontrolle ab.

 

  • Die Kombination verschiedener Theorien erweist sich als vorteilhaft zum besse­ren Verständnis der kognitiven Prozesse, die zu einem bestimmten (gesundheits­relevanten) Verhalten führen. Daraus lassen sich in einem weiteren Schritt ent­sprechende Maßnahmen und Interventionen ableiten, die ein erwünschtes Ver­halten oder eine Verhaltensänderung herbeiführen können.

 

 

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Kapitel 5 – Risikoneigung und Risikoverhalten

 

  • Risikoverhalten umfasst sowohl ein unbewusstes Reagieren als auch absicht­liches, vom Willen gesteuertes Handeln als Ergebnis einer Entscheidung unter Unsicherheit.

 

  • Es gibt keine einheitliche Definition des Begriffs der Risikoneigung in der Wissenschaft.

 

  • In den Wirtschaftswissenschaften wird vielfach ein risikoaverser Entscheider an­genommen; tatsächlich gibt es jedoch risikofreudige, risikoneutrale und risiko­scheue Entscheider.

 

  • Die Risikoneigung wird durch Befragungen, das Lösen von Dilemmaent­scheidungen sowie Lotterien gemessen, wobei alle Verfahren Vor- und Nachteile aufweisen.

 

  • Die Risikoneigung ist keine stabile menschliche Eigenschaft, sondern wird durch zahlreiche persönliche und situative Faktoren wie z. B. das Alter, das Geschlecht, die Nationalität, die Position im Unternehmen oder den Entscheidungskontext, deren Auswirkungen sich überlagern können, beeinflusst.

 

  • Die Risikoneigung beeinflusst das Risikoverhalten, d. h. risikoscheue Ent­scheider fragen mehr und z. T. auch überflüssige Informationen zur Absicherung einer Entscheidung nach. Sie bauen höhere Planungs- und Budgetpuffer ein, führen weniger riskante Investitionen bzw. Anlageentscheidungen durch und haben eine niedrigere Gründungswahrscheinlichkeit. Zudem werden sie weniger stark durch monetäre Anreize zur Risikoübernahme angereizt als risikofreudige Entscheider, da ihre Risikoprämie höher ist.

 

  • Die Risikoneigung wichtiger Entscheider im Unternehmen sollte bekannt sein und durch geeignete Maßnahmen an die Risikoneigung der Eigentümer sowie die Risikotragfähigkeit des Unternehmens angepasst werden.

 

 

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Kapitel 6 – Die Komplexität der Risikokommunikation

 

  • Ziel der Risikokommunikation ist neben der Aufklärung über Risiken auch ein Schaffen von Vertrauen und die Aufrechterhaltung der Glaubwürdigkeit.

 

  • Auf allen Ebenen der vielfältigen und sich oft überschneidenden Risiko­kommunikation kommt es häufig zu Missverständnissen, Fehlinterpretationen und Konflikten.

 

  • Das kommunizierte Risiko kann ganz unterschiedlich und individuell aufgefasst werden und wird durch viele verschiedene individuelle und soziale Faktoren der Risikowahrnehmung beeinflusst. Die Risikokommunikation muss daher auf die spezifischen Bedürfnisse unterschiedlicher Gruppen zugeschnitten sein.

 

  • Die unterschiedlichen und sich verändernden Wahrnehmungsmuster machen eine regelmäßige Überprüfung des Verständnisses und der Auffassung eines Ri­sikos notwendig, um die Risikokommunikation daran anzupassen.

 

  • Da sich einmal gefundene Einstellungen und Überzeugungen häufig hartnäckig halten und die Aufnahme und Umsetzung neuer Informationen prägen, ist eine möglichst frühe, proaktive und kontinuierliche Kommunikation anzustreben.

 

  • Aufgrund einer Vielzahl von individuellen Unwägbarkeiten und bestehenden Unsicherheiten unter konfligierenden Umständen muss die Risiko­kommunikation dynamisch, sich stetig weiterentwickelnd, anpassungsfähig und kurzfristig veränderbar sein.

 

  • Die Planung der Kommunikation sollte ein integraler Bestandteil der Risiko­bewertung und des Risikomanagements sein. Dabei muss das gesamte Spektrum der betroffenen Interessengruppen identifiziert und analysiert werden, um die Kommunikationsstrategie danach auszurichten.

 

  • Die Darstellung der Eintrittswahrscheinlichkeit bei Risiken ist in natürlichen Häufigkeiten und in absoluter Form am verständlichsten.

 

  • Der Inhalt der Botschaft sollte neben den Risikoinformationen auch die Werte und den Gemütszustand der Empfänger berücksichtigen. Der emotionale Ton der Botschaft ist wichtig für deren Erfolg. Dabei muss auch eine Balance zwi­schen Alarmierung und Beruhigung gefunden werden.

 

  • Die Art der Risikokommunikation kann dazu beitragen, Vertrauen in Bot­schaften und Institutionen herzustellen, z. B. indem fundierte, akkurate Infor­mationen zeitnah, kompetent und verständlich vermittelt werden. Die Bot­schaften müssen zudem empathisch sein und die betroffenen Bevölkerungs­gruppen respekt- und verständnisvoll ansprechen

 

  • Nicht nur die technische Kompetenz und die Fähigkeit, mit Risiken ver­antwortungsvoll umgehen zu können, beeinflussen die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen in die Risikokommunikation, sondern auch Faktoren wie Offenheit, Objektivität, Fairness im Umgang mit anderen Meinungen sowie der Konsistenz der vertretenen Auffassung und der Orientierung an gesellschaftlichen Werten.

 

  • Um komplexe kulturelle und sozioökonomische Unterschiede sowie die unter­schiedlich ausgeprägte Risikokompetenz und Risikomündigkeit innerhalb der Adressatengruppe zu verstehen und zu berücksichtigen, ist es sinnvoll, betroffene Bevölkerungsvertretungen und Multiplikatoren in die Formulierung von Bot­schaften einzubinden.

 

  • Vernetzungen mit anderen Institutionen und Experten können genutzt werden, um Informationen auszutauschen und die Kommunikation aufeinander abzu­stimmen. Wenn die Botschaften zwischen verschiedenen Experten und Akteuren nicht konsistent sind, führt das zu Misstrauen in der Bevölkerung.

 

  • Medien folgen in Bezug auf die Risikokommunikation einer eigenen Logik, die sich nicht zwingend an der eigentlichen Relevanz des Risikos orientiert. Hier­durch wird die Kommunikation der übrigen Akteure beeinträchtigt und die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit verzerrt.

 

  • Effektive Risikokommunikation ist ein dynamischer, interaktiver und adaptiver Prozess. Die Reaktion der Bevölkerung kann sich nämlich verändern, z. B. indem Gerüchte entstehen oder Fehlinformationen kursieren. Das Widerlegen von fal­schen oder verzerrten Informationen gehört daher auch zu einer gelingenden Risikokommunikation.

 

  • Unsicherheit ist Bestandteil von Risiken und sollte so auch in der Risiko­kommunikation berücksichtigt werden, indem transparent aufgezeigt wird, was bekannt ist und wozu die Kenntnisse bislang noch nicht ausreichen oder un­sicher sind. Gleichzeitig darf die Unsicherheit nicht dazu führen, dass die Be­völkerung zusätzlich beunruhigt wird. Ziel von Risikokommunikation muss sein, dass sich Menschen innerhalb der Grenzen verfügbaren Wissens angemessen in­formiert fühlen und Handlungshinweise erhalten.

 

 

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Kapitel 7 – Risikodialog – Komplexität und Unsicherheit kommunizieren

 

  • Unsicherheiten bestehen immer, werden aber eher akzeptiert, wenn sie trans­parent kommuniziert werden. Es ist die Aufgabe von Kommunikationsver­antwortlichen, Akzeptanz durch stetige transparente Kommunikation herzu­stellen.

 

  • Die Akzeptanz von Risiken und Maßnahmen ist von der individuellen Risiko­wahrnehmung und -kompetenz abhängig. Neben emotionalen Aspekten wie Angst spielt die erlernte, kognitive Kompetenz eine Rolle.

 

  • Unsicherheiten können durch den Abgleich in Gruppen minimiert werden, indem diese als Korrektiv der eigenen Meinung dienen und das Individuum ent­lasten.

 

  • Menschen sind eher bereit, bestimmte Verhaltensweisen anzunehmen, wenn diese an ihre Erfahrungen anknüpfen und die Informationen auf ihre Bedürf­nisse und soziale Situation zugeschnitten sind.

 

  • Durch partizipative Prozesse erhöhen sich das Involvement und die Ver­antwortung für die Gruppe, weshalb getroffene Maßnahmen stärker verinner­licht werden und dauerhafter sind.

 

  • Beteiligungsprozesse müssen durch Kommunikationsstrategien und -maß­nahmen begleitet und die Aufmerksamkeit muss wachgehalten werden. Kom­plexe und oft abstrakte Inhalte sind dabei zielgruppengerecht und verständlich aufzubereiten.

 

  • In Beteiligungsformaten muss stets Feedback eingeholt und zum Erarbeiten von Maßnahmen genutzt werden.

 

 

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Kapitel 8 – Vertrauen – ein anwendungsorientierter und interdisziplinärer Überblick

 

  • Die Kerneigenschaften einer vertrauensbasierten Interaktion lassen sich wie folgt zusammenfassen: „Vertrauen zeichnet sich durch die freiwillig geschaffene Beziehungsqualität zu Personen oder zu Organisationen aus. Es besteht in der Bereitschaft einer Person, gegenüber einer anderen Person verletzlich zu werden und infolgedessen eine riskante Vorleistung einzugehen“ (Stangel-Meseke, 2017, S. 28).

 

  • Mit dem Eingehen einer Vertrauensbeziehung ist typischerweise eine positive, auf die Zukunft bezogene, Erwartungshaltung verbunden.

 

  • In seiner übergeordneten Wirkung entspricht Vertrauen oftmals der vom Sozio­logen Niklas Luhmann postulierten komplexitätsreduzierenden Funktion.

 

  • Die gesellschaftliche Relevanz von Vertrauen zeigt sich insbesondere in den Be­reichen gesellschaftliches Engagement und gesellschaftliche Konsensfähigkeit.

 

  • Die volkswirtschaftliche Bedeutung von Vertrauen lässt sich an dem Zusammen­hang zwischen nationalem Vertrauensniveau und Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf illustrieren.

 

  • Aus technologischer Sicht steht Vertrauen in einer engen Beziehung zur Frage, ob bestimmte Verfahren, Maßnahmen oder Rahmenbedingungen akzeptiert werden.

 

  • Als interdisziplinäres Untersuchungssubjekt reicht das breite Spektrum der Ver­trauensforschung von der Analyse hormoneller Einflüsse bis hin zu philo­sophisch geprägten Gesellschaftsdiskursen.

 

  • Spieltheoretisch ausgerichtete Ansätze gehen davon aus, dass das für Vertrauen entscheidende Risiko letzten Endes durch die Höhe eines finanziellen Verlustes operationalisiert werden sollte. Exemplarisch lässt sich dies an dem experimen­tellen Vertrauensspiel („Trust Game“) von Berg und Kollegen (1995) darstellen.

 

  • In der sozialpsychologischen und differenziellen Vertrauensforschung liegt der Fokus auf der Betrachtung von mentalen Prozessen und der Frage der individu­ellen Voraussetzungen für vertrauensbasierte Beziehungen.

 

  • Laut dem Integrative Model of Organizational Trust von Mayer und Kollegen (1995) bemisst sich Vertrauenswürdigkeit anhand der Faktoren Fähigkeit, Wohl­wollen und Integrität.

 

  • Vertrauen aus Sicht der sozialen Interaktion lässt sich in die Bereiche Voraus­setzungen, Ebene der sozialen Interaktion und der eigentlichen Vertrauensdar­stellung unterteilen.

 

  • Gegenstand der Forschung zum Vertrauenswiederaufbau ist oftmals die kom­munikative Reaktion eines Vertrauensnehmers, welcher sich mit einer potenziell ungünstigen Attribution des Vertrauensgebers konfrontiert sieht.

 

  • Die Übertragung der Forschungsergebnisse in die Praxis wird unter anderem dadurch erschwert, dass die Bedeutung von Vertrauen zwar anerkannt wird, Maßnahmen zu dessen strategischer Verankerung in Unternehmen jedoch noch wenig implementiert werden

 

 

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Kapitel 9 – Vertrauen in der internen Kommunikation von Organisationen

 

  • Innerhalb von Organisationen kommt dem Vertrauen der Mitarbeitenden in in­terne Kommunikation und dem Vertrauen durch interne Kommunikation große Bedeutung zu.

 

  • Interne Kommunikation lässt sich in das zentral gesteuerte Kommunikations­management und die Arbeits- und Aufgabenkommunikation in einer Organisa­tion unterscheiden.

 

  • Die Dimensionen von Vertrauen beziehen sich darauf, welche Leistungen die Mitarbeitenden von den Vertrauensobjekten in einer Organisation (z. B. Ma­nagement) erwarten.

 

  • Vertrauenswürdigkeit bezieht sich auf die Gründe, warum die Mitarbeitenden je­mandem Vertrauen schenken oder eben kein Vertrauen schenken.

 

  • Vertrauensbeziehungen in Organisationen bestehen aus interpersonellem Ver­trauen und aus Systemvertrauen. Eine besondere Rolle spielt das Vertrauen der Mitarbeitenden in das (Top-)Management.

 

  • Die interne Kommunikation ist in Organisationen ein wichtiger Vertrauensver­mittler. Sie kann das Vertrauen der Mitarbeitenden in das Management stärken. Hierfür ist es notwendig, dass die Mitarbeitenden wiederum der internen Kom­munikation selbst vertrauen.

 

  • Die Mitarbeitenden vertrauen der internen Kommunikation, wenn sie für Orien­tierung sorgt. Dafür muss sie die aus ihrer Sicht passenden Themen aufgreifen, die angemessenen Informationen bereitstellen, Informationen und Fakten rich­tig beschreiben sowie hilfreiche und adäquate Bewertungen geben.

 

  • Vertrauen durch interne Kommunikation entsteht durch mitarbeiterorientierte und professionelle, zentral gesteuerte Kommunikation sowie durch Orientierung schaffende und dialogorientierte Kommunikation des Top-Managements und der Führungskräfte.

 

  • Vertrauensbildendes internes Kommunikationsmanagement verbessert die gegenseitige Wahrnehmung von Management und Mitarbeitenden, ermöglicht den Mitarbeitenden Zugang zur Unternehmensleitung, stärkt das Wir-Gefühl und betont die gemeinsame Verantwortung von Mitarbeitenden, Führungs­kräften und Topmanagement.

 

 

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Kapitel 10 – Vertrauen schaffen mit Unternehmenskommunikation – ein linguistisches Modell von Glaubwürdigkeit durch Textdesign

 

  • Aus linguistischer Sicht ist die wichtigste Basis für das Gewinnen von Vertrauen, Texte mittels Glaubwürdigkeitsindikatoren so zu gestalten, dass sie Glaubwürdig­keit ausstrahlen.

 

  • Glaubwürdigkeitsindikatoren sind z. B. verständlichkeitsfördernde stilistische Mittel wie angemessene Wortwahl und einfacher Satzbau.

 

  • Webdesignkomponenten, die vertrauensbildend sein können, sind z. B. eine ein­fache Navigation und brauchbarer Inhalt.

 

  • Das integrative Modell für Glaubwürdigkeit durch Textdesign umfasst text­externe Faktoren, die darüber entscheiden, ob ein Text überhaupt rezipiert wird, und interne Faktoren, die für die Zuschreibung von Glaubwürdigkeit relevant werden können.

 

  • Diese internen Faktoren betreffen das Design, den Informationsgehalt, die An­gemessenheit, die Überzeugungskraft und die Verständlichkeit.

 

 

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Kapitel 11 – Misstrauen. Eine interdisziplinäre Bestandsaufnahme

 

  • Misstrauen lässt sich als eine allgegenwärtige negative Wahrnehmung skizzieren, welche mit der mangelnden Bereitschaft verbunden ist, Verwundbarkeit zu ak­zeptieren, und auf der Beurteilung der Motive, Absichten und Verhaltensweisen des anderen basiert.

 

  • Misstrauen wird meistens mit negativen gesellschaftlichen Entwicklungen wie ansteigendem Argwohn gegenüber Institutionen, Entfremdung und Passivität in Verbindung gebracht. Evolutionäre Ansätze betonen jedoch auch die positive Wirkung im Sinne einer sozialen Sicherheitsmaßnahme.

 

  • Das Verhältnis von Vertrauen und Misstrauen lässt sich durch drei Modelle be­schreiben: Modell 1 setzt Vertrauen und Misstrauen als Endpunkte desselben be­grifflichen Spektrums. Modell 2 sieht Vertrauen und Misstrauen ebenfalls als Gegensätze auf einem eindimensionalen Kontinuum. Modell 3 ist eine zwei­dimensionale Betrachtung von Vertrauen und Misstrauen und beschreibt Ver­trauen und Misstrauen als separate Konstrukte.

 

  • Aktuelle empirische Studien deuten darauf hin, dass Modell 3 (zweidimensionale Betrachtung) am besten geeignet ist, ihre Ergebnisse zu erklären.

 

  • Kooperationswettbewerb oder eine „Up-or-out-Unternehmenskultur“ sind Praxisbeispiele für eine parallele Existenz von Vertrauen und Misstrauen, bei welchen sich eine positive Wirkung erhofft wird.

 

  • Siegel, etwa im Bereich Nachhaltigkeit, und Testate zur finanziellen Bericht­erstattung sind auch als Maßnahmen zu verstehen, institutionellem Misstrauen entgegenzuwirken.

 

  • Bisher gibt es nur vereinzelte Studien, die explizit die Frage adressieren, inwieweit Misstrauen positive Effekte hat und daher Misstrauen anzustreben ist. Die helle Seite von Misstrauen beruht darauf, dass Skepsis und ein kritischer Blick auf Phänomene zur Transparenz von Prozessen beitragen können oder dass funda­mentales Infragestellen zu neuen und besseren Lösungen führen kann.

 

  • Das Misstrauen in politische Akteure hängt stark davon ab, ob diese Beurteilung auf persönlichem Erleben beruht oder ob sie durch Hörensagen oder vermittelt durch Medien zustande kommt.

 

  • Die Tendenz, von Misstrauen geprägten Inhalten besondere Aufmerksamkeit zu schenken, wird allerdings auch durch die technologische und ökonomische Aus­richtung sozialer Netzwerke als moderne Massenmedien verstärkt.

 

  • Wenn von Misstrauen gegenüber dem System Wissenschaft die Rede ist, dann kann dies insbesondere dann negative Folgen haben, wenn Regierungshandeln sich davon leiten lässt und etabliertes wissenschaftliches Wissen ignoriert.

 

  • Untersuchungen zum Vertrauen oder Misstrauen auf Länderebene zielen häufig auf ihre generalisierte Form. Da es für Misstrauen noch keine länderüber­greifende Studie gibt, kann darüber nur im Lichte der Vertrauensstudien speku­liert werden.

 

  • Viele gesellschaftliche Institutionen beruhen auf einem Fundament von Miss­trauen und sind erst dadurch in der Lage, Vertrauenssignale auszusenden. Sie er­möglichen es den sozialen Akteuren, zu interagieren, und somit ist auch Miss­trauen ein Kitt der Gesellschaft. Im Lichte dieser Einsichten ist zwar ein Mix von Vertrauen und Misstrauen anzustreben, ohne dass wir derzeit über ausreichend Forschung verfügen, die uns verlässlich über einen angemessenen Mix infor­miert.

 

 

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